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Der neue Pflege TÜV


Die geeignete Wahl nach einem Pflegeheim oder ambulanten Pflegedienst erweist sich für pflegende Angehörige meist schwerer als zuerst Gedacht. Zur Orientierung dienten hierfür bisher die sogenannten Pflegenoten, die vom MDK (Medizinischen Dienst der Krankenversicherung) und vom PKV Prüfdienst (Private Krankenversicherung) vergeben wurden. Demzufolge als eine Art Pflegeheim-Testbericht anzusehen, der jedoch aufgrund von zu gut ausfallenden MDK-Noten oftmals nicht die Realität wiederspiegelte.

Was ist der Pflege TÜV?

Der neue Pflege TÜV gilt ab November 2019 und führt eine Qualitätsprüfung ein, die realistischere Pflegeheim- & Pflegedienst-Bewertungen liefern soll. Statt Pflegenoten wird eine Punktebewertung eingeführt, nach der Einrichtungen durch eine indikatorengestützte Qualitätsbewertung geprüft und eingeordnet werden. Ziel ist es ein aussagekräftigeres Messinstrument zu etablieren. Die alte (und in der Kritik stehende) MDK-Prüfung wird somit durch das Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) und den dazugehörigen Beschlüssen zur neuen Pflegeheim-Bewertung abgelöst.

Wissenswert

Mit einem Pflegegrad (bei ambulanter Pflege) haben Sie Anspruch auf:

Kritik am alten Pflege-TÜV

In der Vergangenheit wurden die Pflegenoten des MDK oftmals als unrealistisch hoch empfunden, was den Wunsch nach der Entwickung eines neuen Beurteilungsverfahrens größer werden ließ. Somit wurde bereits 2015 mit dem PSG 2 (Pflegestärkungsgesetz 2) beschlossen das bisher bestehende System neu zu reformieren. Mit Hilfe von Wissenschaftlern und Experten wurde intensiv geforscht, wie man stationäre Pflegeheime, Tagespflege / Nachtpflege und auch Pflegedienste realistischer bewerten könnte. Sowohl Pflegebedürftige als auch pflegende Angehörige, Leistungserbringer und auch Pflegeversicherungen wurden hierzu befragt.

Indikatoren des neuen Pflege-TÜV

Die indikatorengestützte Qualitätsprüfung gilt ab November 2019 und unterzieht bis Ende 2020 alle Pflegeheime einem neuen Prüfverfahren. Im Mittelpunkt steht hierbei die Beurteilung der tatsächlichen Pflege, der Versorgung und Dokumentation. Zu diesem Zweck wird sowohl eine interne als auch eine externe Qualitätsprüfung durchgeführt, um die Pflegequalität zu messen. Nicht nur die sachlichen und personellen Verhalte und die Pflege-Durchführung, sondern auch die Ergebnisse bzw. die Ergebnisqualität wird hierbei bewertet. Zuallererst erhebt das Pflegeheim die Ergebnisse selbständig (Ergebnisse der Pflege & Maßnahmen), danach erfolgt eine Prüfung der dokumentierten Ergebnisse, um Manipulation auszuschließen. Die Prüfung umfasst 2 verschiedene Verfahren, um die Plausibilität zu prüfen. Eine datentechnische Prüfung und eine externe Prüfung durch den MDK bzw. PKV.

Interne Qualitätsprüfung

Bei der internen Qualitätsprüfung erfolgt eine Bewertung durch das interne Qualitätsmanagement der Einrichtung. Hierbei beurteilt und übermittelt ein Pflegeheim selbst (alle 6 Monate) die Versorgungsqualität für alle Bewohner an eine Auswertungsstelle.

Folgende 10 Qualitätsindikatoren bilden die Grundlage:

  1. Erhalten der Mobilität*
  2. Erhalten der Selbstständigkeit bei alltäglichen Verrichtungen
  3. Erhalten der Selbstständigkeit bei der Gestaltung des Lebensalltags
  4. Entstehung von Dekubitus*
  5. Entstehung von schwerwiegenden Sturzfolgen*
  6. Entstehung von unbeabsichtigtem Gewichtsverlust*
  7. Durchführen eines Integrationsgespräches nach Einzug in das Pflegeheim
  8. Anwenden von Gurten
  9. Anwenden von Bettseitenteilen
  10. Aktualisieren der Schmerzeinschätzung

Die Qualitätsindikatoren, die mit * gekennzeichnet sind, werden für jeweils 2 Gruppen erhoben:

  • Personen ohne / mit geringen kognitiven Einbußen
  • Personen mit mindestens erheblichen Einschränkungen

Beurteilung durch die Haupt-Pflegekraft

Übernommen wird die Beurteilung hierbei durch die hauptsächlich zuständige Pflegekraft für einen Bewohner. Sobald die Daten pseudonomysiert und elektronisch erfasst wurden, werden sie an eine Auswertungsstelle übertragen. Zusätzlich erfolgt eine Übermittlung der Pflegedokumetationen und deren Protokolle.

Berücksichtigung der Bewohnerstruktur

Bei der Prüfung berücksichtigt wird außerdem auch die Bewohnerstruktur, um eine Besserstellung von Pflegeheimen mit z.B. gesünderen Bewohnern zu verhindern.

Ausschluss bestimmter Personengruppen

Bei der Prüfung nicht berücksichtigt werden z.B.

  • Personen mit Dekubitus, der im Krankenhaus entstanden ist
  • Personen mit einem nicht länger als 6 Monate zurückliegenden Schlaganfall
  • Personen zur Kurzzeitpflege
  • Personen, die bisher weniger als 14 Tage in der Einrichtung verbracht haben

Datentechnische Qualitätsprüfung

Die übermittelten Informationen zu einer Einrichtung landen bei der Datenauswertungsstelle, die die Daten anschließend mit dem Bundesdurchschnitt vergleicht und einordnet, ob eine Einrichtung dem Durchschnitt entspricht oder schlechter oder besser zu beurteilen ist. Vergeben werden hier Punkte im Bereich von 1 bis 5, wobei 5 der Höchstpunktzahl entspricht und überdurchschnittlich gute Leistungen anzeigt. Berücksichtigt werden Referenz- und Schwellenwerte, wobei Einzelfälle ausgeschlossen werden, so dass ein möglichst einheitlicher Durchschnitt gebildet werden werden kann.

  1. Weit unter dem Durchschnitt
  2. Leicht unter dem Durchschnitt
  3. Nahe dem Durchschnitt
  4. Leicht über dem Durchschnitt
  5. Weit über dem Durchschnitt

Wissenswert

Mit einem Pflegegrad (bei ambulanter Pflege) haben Sie Anspruch auf:

Externe Qualitätsprüfung

Die externe Qualitätsprüfung dient der Überprüfung von richtigen und gültigen Dokumentationen der Ergebnisse.

Zunächst wird mit einem datentechnischen Tool die Glaubhaftigkeit kontrolliert. Beispielsweise, ob vorherige Eingaben einfach kopiert wurden oder plötzlich in einem Bereich starke Verbesserungen stattgefunden haben.

Im Anschluss an die statistische Prüfung folgt dann eine (einen Tag vorher angekündigte) Überprüfung der Einrichtung durch den Prüfdienst. Hierbei werden stichprobenartig 9 Bewohner der Einrichtung betrachtet. Die Bewohner haben vorher eine Einverständniserklärung unterschrieben und der Prüfdienst gleicht die Pflegeheim-Ergebnisse mit dem aktuellen Zustand der Bewohner ab.

Zusammengefasst basiert die Beurteilung auf der Pflegedokumentation, den Gesprächen mit den Bewohnern, den Fachkräften und den Beobachtungen direkt vor Ort. Wesentlich ist die individuelle Versorgung in der Einrichtung, aber auch die Struktur und Organisation wird bei der MDK-Prüfung betrachtet.

6 Qualitätsbereiche - 24 Qualitäsaspekte

Im Fokus der Überprüfung steht inwieweit eine Einrichtung die Bewohner in verschiedenen Qualitäsbereichen unterstützt. Dabei konzentriert sich die Prüfung auf 6 Bereiche mit insgesamt 24 Aspekten.

  1. Unterstützung bei der Mobilität und Selbstversorgung:

    • Unterstützung bei der Ernährung und Flüssigkeitsversorgung
    • Unterstützung bei Inkontinenz und Kontinenzförderung
    • Unterstützung der Körperpflege
    • Unterstützung der Mobilität

  2. Unterstützung bei der Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:

    • Medikamentöse Therapie
    • Schmerzmanagement
    • Unterstützung bei besonderen medizinischen-pflegerischen Bedarfslagen
    • Unterstützung bei der Bewältigung von sonstigen therapiebedingten Anforderungen
    • Wundversorgung

  3. Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte:

    • Nächtliche Versorgung
    • Unterstützung bei der Beschäftigung, Kommunikation und Tagesstrukturierung
    • Unterstützung bei der Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung

  4. Unterstützung in besonderen Bedarfs- und Versorgungssituationen:

    • Freiheitsentziehende Maßnahme
    • Unterstützung des Bewohners in der Eingewöhnungsphase nach dem Einzug
    • Unterstützung von Bewohnern mit herausforderndem Verhalten und psychischen Problemlagen
    • Überleitung nach Krankenhausaufenthalt

  5. Bedarfsübergreifende fachliche Anforderungen:

    • Abwehr von Gefahren und Risiken
    • Biografieorientierte Unterstützung
    • Einhaltung von Hygienemaßnahmen
    • Versorgung mit Hilfsmitteln
    • Schutz von Persönlichkeitsrechten und Unversehrtheit

  6. Organisationsaspekte und internes Qualitätsmanagement:

    • Begleitung sterbender Bewohner und ihrer Angehörigen
    • Maßnahmen zur Vermeidung und zur Behebung von Qualitätsdefiziten
    • Qualifikation und Aufgabenwahrnehmung der Pflegedienstleitung
Jeder der 24 Aspekte wird dabei in eine der vier Kategorien A-D eingestuft.
  • A - Keine Auffälligkeiten oder Defizite
  • B - Auffälligkeiten ohne Risiken oder negative Folgen für den Bewohner
  • C - Defizit mit Risiko negativer Folgen für den Bewohner
  • D - Defizit mit eingetretener negativer Folgen für den Bewohner
Für die Gesamtbewertung werden die einzelnen Werte zusammengeführt, wobei die Einstufung wesentlich abhängig von der Anzahl der C- und D-Definzite ist. Die Qualitätsprüfer unterscheiden im Schnitt:
  • Keine bzw. geringe Qualitätsdefizite
  • Moderate Qualitätsdefizite
  • Erhebliche Qualitätsdefizite
  • Schwerwiegende Qualitätsdefizite

Nach allen Qualitätsprüfungen

Zum Abschluss aller Qualitätsprüfungen folgt ein Gespräch über den Transparenzbericht mit der Einrichtung bzw. mit der Heimleitung und den Pflegekräften. Es werden Versorgungs-Schwachstellen und Verbesserungen besprochen.

Im Anschluss an den Prüfbesuch durch den MDK folgt die Vergabe der Pflegenote. Im finalen Prüfbericht werden die Ergebnisse aus dem internen und externen Prüfungen einzeln aufgeschlüsselt. Versorgungsergebnisse werden durch blaue Punkte, und die Prüfdienst-Resultate mit braunen Kästen dargestellt. Die ersten Pflege-TÜV Auswertungen werden zu Anfang 2020 erwartet.

Pflege-TÜV: FAQ



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